Interview im Garcia Magazin

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Interview im Garcia Magazin

12. August 2014

Im März 2014 hat mich die Designerin Sophie-Anneli Overwien
in meinem Atelier besucht und wir haben uns für ihr Magazin „GARCIA – The Art of Words & Design“ über mein Modedesignstudium, meine Inspirationsquellen und meine Arbeitsweise unterhalten.

SHAROKINA steht für hochwertige Lederaccessoires mit außergewöhnlichen Oberflächenstrukturen. Sharokina Golpashin studierte Modedesign an der Fachhochschule Trier mit einem Auslandssemester an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel. Sie schloss das Studium im Winter 2010 mit dem Diplom ab. Während und nach der Studienzeit absolvierte die sympathische 27-Jährige diverse Praktika bei MODEPIONIERE in Berlin, der HUGO BOSS AG und dem QVEST Magazin. Ein vielversprechendes, aufstrebendes Label, das sie durch ihr Können und ihr charmantes Auftreten perfekt repräsentiert.

Wann entstand die Idee, ein eigenes Label zu gründen? Warum musste es ein eigenes Label sein?
Eigentlich wollte ich mich schon immer mit einem Modelabel selbständig machen. Während meiner Praktika, wo ich immer Teil eines Teams war, habe ich gemerkt, dass ich zwar schon gerne in guten Teams arbeite, im Grunde aber mein eigener Chef sein möchte und es mir auch wichtig ist, für jede Entscheidung und jeden einzelnen Schritt selbst verantwortlich zu sein. Da ist dann die Motivation auch eine ganz andere. Dass ich mich jetzt konkret auf Taschen spezialisiere, habe ich dann aber eigentlich erst nach dem Modestudium beschlossen. Da habe ich immer gerne die ein oder andere Tasche in die Kollektionen integriert, weil eine Tasche ein Outfit erst wirklich komplett macht und richtig aufwerten kann. 2008 sollte ich in Basel an der Hochschule dann als Aufgabe eine Accessoire-Kollektion designen und realisieren. Dabei habe ich mich zum ersten Mal intensiv mit Lederverarbeitung beschäftigt und habe so das Material Leder für mich entdeckt. Deshalb habe ich mich nach dem Modestudium noch dazu entschieden, den Master in Produktdesign dranzuhängen, um mich im Rahmen eines Studiums noch weiterzuentwickeln und gleichzeitig schon in die Selbstständigkeit zu starten, mit allem was dazugehört.

Wieso Leder?
Es macht einfach sehr viel Spaß damit zu arbeiten. Leder bietet ganz andere Möglichkeiten als Textilien. Man kann es zerschneiden ohne dass es ausfranst oder es in Formen prägen. Insgesamt kann man die Oberfläche sehr frei gestalten und muss sich wesentlich weniger einschränken. Und abgesehen davon liebe ich die Natürlichkeit und den Duft von Leder. Das macht Leder für mich zu einem sehr sinnlichen und gleichzeitig starkem Material.

Das Label was du gegründet hast heißt SHAROKINA. Das ist ja auch dein Vorname. Wie steht das Label mit dir in Verbindung?
Ich denke, wenn man einem Label seinen eigenen Namen gibt, ist das etwas sehr persönliches. Es signalisiert die tiefe Identifikation mit seinen Produkten. Für mich ist es einfach wichtig, dass es damit für Qualität steht. Das heißt, dass das Leder aus Europa oder direkt aus Deutschland kommt, von Nutztieren wie v. a. Rindern stammt, und dass die Produkte auch hier produziert werden. Ich hatte mir im Laufe des Studiums auch immer mal wieder Fantasienamen für mein Label überlegt, aber meistens gefielen die mir nach ein paar Monaten nicht mehr [lacht]. Und bei meinem eigenen Namen, den ja schon ein wenig länger trage, habe ich diese Verwerfung eben nicht. Dazu kommt, dass mein Vorname trotz seiner Seltenheit erfahrungsgemäß gut einprägsam ist. In Kombination mit meinem Nachnamen wäre das einfach zu lang und zu kompliziert, daher habe ich mich letztendlich nur für den Vornamen entschieden.

Wie entstehen deine Designs und wie entwickelt sich die erste Idee in deinem Kopf dann weiter?
Meistens entstehen meine Ideen aus Alltagssituationen heraus. Generalisieren lässt sich der Ablauf aber nicht. Wenn ich tolle Formen irgendwo entdecke, mache ich mir dann manchmal eine kleine Zeichnung, obwohl ich nicht wirklich ein „Skizzen-Typ“ bin. Mein „Skizzenbuch“ ist eher mit Ideen und Überlegungen in Textform gefüllt. Für meine Modeentwürfe habe ich viel gezeichnet. Heute setze ich mich aber meist sofort an den Computer und konstruiere meine Idee mit Illustrator oder CorelDRAW, um erste Proportionen festzulegen. Daraus resultiert dann ein Prototyp aus Kunstleder oder einem Stoff, der sich ähnlich wie das Endmaterial verhält. Es folgen Veränderungen bis mir der Schnitt gefällt. Dann trage ich den Prototyp eine Zeitlang selbst, um mögliche Schwachstellen zu finden und zu korrigieren. Erst wenn ich mit dem Ergebnis wirklich zufrieden bin, geht‘s zum Lederhändler und dann wird stundenlang genäht. Momentan bin ich aber gerade auf der Suche nach professionellen Manufakturen in Deutschland, so dass ich in Zukunft vielleicht nur noch einen Prototyp nähen muss und dann in Kleinserie extern produzieren lassen kann.

Auf der Internetseite findet man hauptsächlich Accessoires. Was für eine Zielgruppe möchtest du ansprechen und kommen noch weitere Produkte?
Ich möchte nicht ausschließen, dass ich irgendwann auch mal wieder Bekleidung entwerfe, aber in nächster Zeit geht es erstmal ganz klar um Taschen. Meine Zielgruppe sind dabei vor allem zielstrebige und starke Frauen im Alter von 20–35, die auf jeden Fall trend- und modebewusst sind, aber nicht jeden Trend mitmachen, sondern auch in gute Qualität investieren. Aber es hat sich gezeigt, dass auch ältere Frauen oder Männer meine Produkte mögen, von daher versuche ich, mich da gedanklich nicht zu sehr einzuschränken.

Was sagst du, wenn ein Fremder dich nach deinem Beruf fragt?
Modedesignerin, auf jeden Fall! Das Produktdesignstudium habe ich von Anfang an auf die Taschenentwicklung ausgerichtet und sehe das jetzt als Fortsetzung des Modestudiums, in dem ich aber einfach nochmal andere Blickwinkel und technische Möglichkeiten kennenlernen möchte.

SHAROKINA gibt es offiziell seit 2013, erste Taschenmodelle gab es aber schon 2008! Wie hat sich deine Arbeit in der Zeit entwickelt?
Ich würde sagen, sie ist ein bisschen schlichter, tragbarer und konkreter geworden. Damals in Trier an der FH musste man innerhalb von ca. zwei bis vier Wochen eine ganze Kollektion entwickeln und nähen. Und ich hab dann immer ganz viel in die Designs gesteckt, so dass sie am Ende oft überladen waren. Heute reduziere ich das eben auf eine Idee und versuche die perfekt umzusetzen.

Was war das erste was du in deinem Studium designed hast und gefällt dir das heute noch?
Nein, das finde ich heute ganz furchtbar! Das Thema im ersten Semester war „Schattenspiel afrikanischer Tiere“. Wir sollten Scherenschnitte aus Kunstleder machen und die auf dicken weißen Baumwollstoff nähen. Ich habe einen riesigen Strauß als Scherenschnitt auf einem knielangen Korsagen-Kleid umgesetzt. Das Ding musste ich auch noch selber vorführen, ganz schlimm [lacht].

Du hast auch einen Blog (www.dailyimpulse.de
), auf dem du über Kunst- und Designprojekte schreibst. Wer oder was beeinflusst dich in deiner Kreativität?

Ich habe schon immer viel und gerne geschrieben. Der Blog ist für mich neben meinem Label einfach eine ganz andere kreative Schiene. Nach meinem Studium in Trier habe ich damit angefangen. Und während meines Praktikums beim QVEST Magazin, wo ich auch gelernt habe, wie man so was eigentlich richtig vermarktet und führt, habe ich das dann weiter verfolgt. Ich mache das aber hauptsächlich für mich und sehe das eigentlich weniger als Inspiration für mein Label. Die Inspirationen für die Taschen kommen meistens aus der Natur und Oberflächen. Bei einer meiner Handyhüllen habe ich mich zum Beispiel an der Struktur einer Sukkulente orientiert.

Gibt es denn Blogs die du öfters besuchst und die dich inspirieren?
Ja, also für Produktdesign sind das zum Beispiel design-milk.com, dezeen.com oder designboom.com. Für Mode sind vanillascented.com oder blameitonfashion.com immer sehr schön anzuschauen. Lustigerweise sind es meistens skandinavische Blogs. Dänemark, Schweden oder Norwegen! Die Bloggerinnen verkörpern auch oft vom Aussehen und ihrem Look her die Art Frau, die ich mit meinen Produkten gerne ansprechen möchte.

Gibt es jemanden im Modebereich, den du bewunderst?
In Verbindung mit Taschen nenne ich da gerne Alexander Wang. Da ist es einfach immer dieses Gradlinige, Geometrische, was ich sehr mag. Bei Kleidung sind es Helmut Lang, Acne, Ann Demeulemeester und auch Maison Martin Margiela. Generell Labels, die ziemlich schlichte und trotzdem raffinierte Kollektionen entwickeln.

War Modemachen schon immer ein Wunsch von dir?
Ja, auf jeden Fall. Eigentlich hat sich auch schon sehr früh herauskristallisiert, dass ich was Kreatives und „Haptisches“ machen werde, das man auch benutzen kann. Mit dem Nähen ansich habe ich aber erst nach dem Abi so richtig angefangen, in einem Praktikum bei einer Maßschneiderin, als Vorbereitung aufs Studium.

An was arbeitest du gerade?
Speziell jetzt an einer neuen Taschenform. Der Prototyp ist fast fertig. Ansonsten erweitere ich ständig meine Kollektion von kleinen Täschchen und Handyhüllen und arbeite mich durch viel formellen Kram, der bei einer Existenzgründung so anfällt.

In was für Preiskategorien befinden sich dann deine Taschen?
Die größeren Taschen liegen meist zwischen 150 und 250 Euro und die Handyhüllen bei ca. 35 Euro. Ich würde es auch gerne schaffen, eine größere Tasche für ca. 100 Euro anzubieten, aber das wird nicht leicht weil hochwertiges Leder und die Produktion in Deutschland teuer sind. Da darf der Schnitt dann eben nicht so kompliziert sein.